BILATERALE ADRENALEKTOMIE
Bei dieser Operation werden beide Nebennieren entfernt. Entsprechend fehlen im Anschluß die Nebennierenhormone. Es kommt also zu einer Unterfunktion der Nebennieren.
Folge ist u.a. eine fehlende Produktion des lebenswichtigen Stresshormons Cortisol.
Die körpereigene Cortisol-Produktion liegt beim Erwachsenen normalerweise bei 10-20mg pro Tag und kann in Stresssituationen mit erhöhtem Bedarf (Fieber, Infekt, Operation, Entbindung) rasch um das Vielfache gesteigert werden.
Die Hormonersatztherapie bei Nebennieren-Insuffizienz (NNR-Schwäche) wird meist mit dem natürlich vorkommenden Hormon Cortisol (Hydrocortison) in Tablettenform durchgeführt. Hierüber informiert ein Notfallausweis, den Sie gezielt erfragen müssen, am besten bei Ihrem Endokrinologen im Vorfeld zur Operation oder beim Chirurgen. Sie sollten das Krankenhaus nach der Operation mit Notfallausweis verlassen und diesen bei sich tragen als Hilfestellung für Ihren Hausarzt/Notarzt, der sich mit Ihrer Diagnose möglicherweise (häufig) nicht hinreichend auskennt.
Nach (oraler) Einnahme einer Tablette Hydrocortison wird Cortisol rasch und nahezu vollständig vom Körper aufgenommen, so dass es 1-2 Stunden nach der Einnahme zu maximalen, teils überschießenden Cortisolspiegeln im Blut kommt.
Cortisol wird jedoch relativ rasch im Körper wieder abgebaut, daher sind bereits 8 Stunden nach der Einnahme von Hydrocortison nur noch minimale Konzentrationen im Blut messbar.
Zur Hormonsubstitution bei Erwachsenen mit Nebenniereninsuffizienz wird eine Gesamtdosis von 15 bis maximal 25 mg Hydrocortison pro Tag empfohlen.
Diese muss aufgrund der kurzen Halbwertzeit von Cortisol auf mindestens 2 oder besser 3 Tagesdosen verteilt werden. Alternativ gibt es ein neueres Präparat (Plenadren), welches die Einnahme auf eine tägliche Einmaldosis reduziert. Fragen Sie Ihren Endokrinologen danach, jedoch nicht direkt postoperativ.
Um die Tagesrhythmik der körpereigenen Cortisolproduktion mit einer maximalen Ausschüttung von Cortisol aus der Nebenniere in den frühen Morgenstunden - möglichst gut nachzunahmen, sollte mindestens die Hälfte der Tagesdosis am Morgen eingenommen werden.
Gelegentlich auftretende morgendliche Übelkeit, Abgeschlagenheit und Kopfschmerzen sowie eingeschränkte Leistungsfähigkeit und Bauchschmerzen können Ausdruck eines relativen Cortisolmangels sein und durch die Einnahme der morgendlichen Hydrocortisondosis gleich nach dem Aufwachen rasch behoben werden.
Als Dauertherapie sollten Tagesdosen von Hydrocortison über 25 mg vermieden werden.
Unbedingt erforderlich ist die rasche und ausreichend hohe Anpassung der Hydrocortisondosis in verschiedenen Stresssituationen (bei Infekten & Fieber doppelte bis dreifache Tagesdosis, bei Erbrechen/Durchfällen großzügige, also schnelle Entscheidung (!!!) für eine Hydrocortison-Infusion, bei Operationen, Entbindung, Intensivstation 100-150 mg/Tag, bei Sepsis 200-300 mg/Tag). Entschließen Sie sich hier vor allem am Anfang Ihrer neuen Situation ohne Nebennieren großzügig, in einer solchen Situation Ihren Endokrinologen oder auch die Notaufnahme aufzusuchen.
Im Anschluss an eine notwendige Dosissteigerung sollte innerhalb weniger Tage wieder die übliche Tagesdosis eingenommen werden.
Bei unzureichender Versorgung kann es in Folge zu geringer Cortisolspiegel zu einer lebensgefährlichen Krise (Addison-Krise) kommen.
Sie müssen als Patient ausreichend geschult werden, damit Sie wissen, wann und wie Sie selber - auch ohne Rücksprache mit Ihrem Arzt - eine selbstständige kurzfristige Dosisanpassung vornehmen.
Sollten Sie wegen einer anderen Erkrankung notfallmäßig ins Krankenhaus aufgenommen werden, sollten Sie Ihren Notfallpass bereithalten. Dieser informiert den behandelnden Arzt über Ihre Erkrankung und darüber was er zu tun hat. Stellen Sie sich seelisch darauf ein, dass der aufnehmende Arzt in der Notaufnahme mit Ihrer Erkrankung NICHT vertraut ist und möglicherweise entsprechend zurückhaltend sein wird mit der Verabreichung Ihres für Sie lebenswichtigen Hydrocortisons. Sie wissen es besser und sollten nicht locker lassen Ihre Interessen durchzusetzen.
Im Anschluss an die durchgeführte Operation benötigen Sie noch für einige Tage mehr als die erwähnten 25 mg Tagesdosis Hydrocortison, zunächst ca. 100 mg über 24 Stunden i.v., dann wird dies in der Folge oralisiert und in der Dosis reduziert auf ca. 50 mg Hydrocortison pro Tag. Die Dosis sollte langsam abhängig vom Befinden schrittweise weiter reduziert werden auf irgendwann 25 mg, jeweils mit der höchsten Dosis am Morgen. Eine Kontrolle der Cortisolwerte ist nicht nötig für die Dosisanpassung.
Sobald Ihre Hydrocortison Tagesdosis < 50 mg beträgt sollte Ihr Chirurg bzw. Endokrinologe zusätzlich das Mineralokortikoid ersetzende Fludrocortison (Astonin H 0.1 mg) dazu geben, zunächst in einer Dosierung von 0,05 mg, also einer halben Tablette Astonin H. Dies regelt Ihren Wasserhaushalt und kann mittels Bestimmung von Natrium und Kalium angepasst bzw. überwacht werden. Eine Überdosierung kann zu Blutdruckanstieg/ Ödembildung / Natriumanstieg und Kaliumabfall führen, was Ihre Genesung verlangsamt und im extremen Fall zu Herzrhythmusstörungen führen kann. Möglicherweise verordnet Ihr dieses Präparat nicht von selbst. Dann erinnern Sie ihn höflich und achten Sie selber darauf, dass diese Anordnung auch richtig umgestezt wird, indem Sie und Ihre Angehörigen kritisch prüfen, ob die Hydrocortison und Astonin H Dosierungen passen. Beachten SIe bitte, dass die beiden Tabletten ähnlich ausschauen.
Stellen Sie sich darauf ein, dass Sie ca. eine knappe Woche im Krankenhaus liegen, je nach Fürsorge der behandelnden Chirurgen ggfs. auch direkt nach der Operation auf der Intensivstation. Dies sollte Sie nicht beunruhigen, sondern dient zur besseren Überwachung.
Nach der Entlassung reicht ein Besuch beim Endokrinologen einige Wochen nach der Operation, vorausgesetzt Sie haben im Krankenhaus noch die Gelgenheit gehabt mit einem Endokrinologen zu sprechen (Aufklärung über die nun neue Erkrankung, Erstellen des Notfallausweises, Management bei Krankheit, Ansprechpartner). Ansonsten sollten Sie Ihren Endokrinologen direkt nach der Operation aufsuchen. Planen Sie dies bei der Organisation des Krankenhausaufenthaltes mit ein, denn wie Sie ja wissen, gibt es häufig längere Wartezeiten beim Endokrinologen.
Lassen Sie sich im Krankenhaus ein Rezept über Hydrocortison und Astonin H ausstellen, damit Sie die Medikamente zu Hause zur Verfügung haben. Lassen Sie sich auf jeden Fall von der Station beide Tabletten für die nächsten Tage mitgeben. Von nun an, sind diese beiden Präparate für Sie überlebensnotwendig. Ausserdem sollten Sie sich von Ihrem niedergelassenenen Endokrinologen unbedingt ein Notfall-Set für eine Addison Krise aushändigen lassen.